Granuloma inguinale: Ursachen, Symptome & Behandlung

Dass Kleines etwas ganz Großes bewirken kann, ist nicht neu. In keinem Fall aber ist es so offensichtlich wie bei Klebsiella granulomatis. Das winzige Bakterium verursacht eine Krankheit, die mit unscheinbaren Pusteln beginnt, zu tiefreichenden Geschwüren führt und schließlich den ganzen Körper befällt: Granuloma inguinale.

Charakteristik
Symptome
Diagnose
Therapie

Klein, gemein und sehr geduldig: Der langsam wirkende Erreger

Wer noch nie von dieser Infektion gehört hat, ist damit nicht allein. Die Erkrankung ist in westlichen Industrieländern und den USA so gut wie unbekannt. Hier tritt sie nur vereinzelt auf und ist fast immer auf persönlich importierte Erreger zurückzuführen. Sprich: auf Personen, die sich bei Auslandsaufenthalten mit Klebsiella granulomatis infiziert haben und über kurz oder lang die typischen Symptome erkennen lassen.

Genau hierin liegt aber das grundlegende Problem von Granuloma inguinale: Der Zeitraum, der zwischen der Ansteckung und den ersten sichtbaren Anzeichen vergeht, kann wenige Tage oder mehrere Wochen betragen. In manchen Fällen zeigen sich die ersten Symptome rund drei Monate nach der Infektion – eine Spanne, die es äußerst schwer macht, Ursache und Wirkung miteinander in Verbindung zu bringen.

Gut getarnt: Die ähnlich scheinenden Symptome

Darüber hinaus können Ungeübte die Zeichen von Granuloma inguinale leicht mit den Symptomen anderer Erkrankungen verwechseln. Die kleinen, harten, hellrot gefärbten Pusteln, die sich bis zu 12 Wochen nach der Ansteckung um die Eintrittsstelle bilden, verursachen weder Schmerzen noch sonstige Beschwerden. Sie können jedoch jucken – und ähneln dadurch den Hautveränderungen, die der Herpes-simplex-Virus hervorruft.

Bald schon aber ändert sich dieses Bild. Die Pusteln zerfallen und bilden fleischfarbene Geschwüre, die sich rasch ausbreiten. Bereits nach kurzer Zeit bedecken sie nicht nur den ursprünglich befallenen Bereich, sondern auch umliegende Hautareale. Durch diese Ausdehnung lassen sich Granuloma-inguinale-Geschwüre gut vom harten Schanker der unterscheiden.

Bei Männern

zeigen sich die anfänglichen Pusteln und die daraus entstehenden Geschwüre meist am Penisschaft; manchmal aber auch im Lenden- oder Analbereich. Bei einigen Patienten können außerdem der Hals, das Gesicht oder die Mundschleimhaut befallen sein.

Bei Frauen

treten die Symptome typischerweise an den Innenseiten der Schamlippen auf. Hier verursacht ein Befall mit Granuloma-inguinale-Erregern meist starke Schwellungen, so dass Wasserlassen und Geschlechtsverkehr stark beeinträchtigt werden. Wie Männer können Patientinnen die Infektion auch im Lenden- oder Analbereich bzw. am Hals, im Gesicht oder auf der Mundschleimhaut erkennen lassen.

In den Geschwüren können sich jederzeit Bakterien ansammeln, die ihrerseits Entzündungen und schmerzhafte Abzesse bedingen. Unbehandelt dehnen sich die Hautläsionen in tieferliegende Gewebeschichten aus, wo sie zu Narben und Verstümmelungen führen können.

Des Weiteren besteht die Gefahr, dass Klebsiella granulomatis über die Blutbahnen in den gesamten Körper streut. Auf diese Weise kann es Knochen und Gelenke sowie die Leber und andere lebenswichtige Organe befallen. Die Folge sind immer wiederkehrende Fieberschübe, fortschreitende Blutarmut und / oder extremer Gewichtsverlust.

Latin-Lover: Die exotischen Verbreitungsgebiete des Erregers

Die so gegebenen Auswirkungen eines Klebsiella granulomatis-Befalls erkannte schon Charles Donovan. Der irisch-stämmige Arzt war in Indien tätig, wo er die rätselhaften Symptome zunächst nur beobachtete. 1905 lieferte er neben einer Beschreibung des Krankheitsbildes auch die dazu passende Erklärung. In Ehrung dieser Leistung wurde das Granuloma inguinale verursachende Bakterium lange Zeit Donovan-Körperchen genannt – und die Infektion selbst Donovanosis.

Diese irreführende Bezeichnung ersetzten Wissenschaftler später durch den Namen Granuloma venereum – „durch Sexualkontakt entstehende Körnchen“. Das ließ zwar erkennen, auf welchem Weg sich die Krankheit verbreitet; kam ihrem Wesen aber nicht nahe genug. Heute ist die Hautveränderung unter dem Zusatz „inguinale“ bekannt – die Leistengegend betreffend.

Sie verdeutlicht etwas besser, dass Granuloma inguinale keine reine Geschlechtskrankheit ist, sondern durch jede Art von Hautkontakt übertragen werden kann – in einigen Fällen auch über die Finger. Voraussetzung dafür ist, dass die Geschwüre direkt berührt werden – ein Umstand, der bei hygienebewussten Personen eher unwahrscheinlich ist. Beim Sex aber ist ein solcher Kontakt leicht möglich – erst recht, wenn sich die Läsion im Inneren des Körpers befindet oder an einer Stelle sitzt, die der / die Betroffene nicht einsehen kann.

Trotz globaler Verkehrswege ist die Krankheit weitestgehend auf ihre Ursprungsgebiete beschränkt geblieben. Granuloma inguinale tritt überwiegend in den tropischen und subtropischen Ländern der Karibik und Südostasiens auf. Weitere bekannte Verbreitungsgebiete sind Mittel- und Südamerika, Südafrika, das südliche Indien, Papua-Neuguinea und der Norden Australiens.

In allen genannten Gegenden erkranken Männer etwa doppelt so oft wie Frauen. Das „typische“ Alter erkrankter Personen liegt zwischen dem 20. und 40. Lebensjahr. Sowohl diese beiden Fakten als auch die Infektionsgebiete legen den Schluss nahe, dass Granuloma inguinale vornehmlich durch so genannte Backpacker und Sex-Touristen verbreitet wird.

Eine Ansteckung mit Klebsiella granulomatis ist jedoch jederzeit und überall möglich – unabhängig davon, welche Länder eine Person bereist und welche sexuellen Interessen sie pflegt!

Blick für Details: Die Raffinessen der Diagnose

Für die Diagnose ist eine gute Beobachtungsgabe erforderlich. Da Granuloma inguinale in den Anfangsstadien große Ähnlichkeit zu anderen venerischen Erkrankungen zeigt, muss der Arzt „Nebenschauplätze“ in Augenschein nehmen. Dazu gehört es, den Zustand der Lymphknoten zu überprüfen. Im Gegensatz zu vielen artverwandten Infektionen zeigen sie bei Klebsiella granulomatis-Befall keine Schwellung.

Auch bei der Labor-Analyse einer entnommenen Sekretprobe ist Achtung geboten. Das Granuloma inguinale verursachende Bakterium kann verschiedene Formen aufweisen und sowohl gerade als auch gekrümmt oder rundlich erscheinen. Doch mit Hilfe des Wright-Giemsa-Verfahrens lässt es sich „überführen“. Die dafür notwendige Gewebeprobe zeigt unter dem Mikroskop einen tiefen Purpur-Ton.

Langzeit-Beobachtung: Die Tücken der Therapie

Die Therapie ist vergleichsweise kompliziert. Während weitaus schlimmer wirkende Erkrankungen mit einmaliger Gegenmittel-Gabe auskommen, erfordert Granuloma inguinale eine zwei- bis dreiwöchige Antibiotika-Kur. Sollte sich herausstellen, dass der Erreger danach immer noch aktiv ist, wird die Anwendung verlängert; darf jedoch keinesfalls unterbrochen werden.

Alle Personen, zu denen die Betroffenen Kontakt hatten, müssen mitbehandelt werden – zurückgerechnet bis 40 Tage vor Ausbruch der Krankheit. Haben sich die Symptome der Granuloma-inguinale-Infektion an „frei zugänglichen“ Stellen wie dem Hals oder dem Gesicht gezeigt, ist besondere Achtsamkeit geboten. In diesen Fällen können auch nicht-sexuelle Berührungen zu einer Ansteckung geführt haben.

Nach Abschluss der Behandlung sind mehrere Folge-Untersuchungen notwendig, denn Klebsiella granulomatis kann bis zu 18 Monate nach der Erst-Infektion zum erneuten Ausbruch von Granuloma inguinale führen. Ein unerkannter Rückfall bringt neben den oben genannten Symptomen ein erhöhtes Risiko für Hautkrebs mit sich.